(AGENPARL) – mer 06 novembre 2024 **Südtiroler Landtag**
Landtag
Plenarsitzung – Tourismusabgabe für Menschen mit Behinderung, Lebensraumabgabe
Zwei Anträge des Team K**
Alex Ploner (Team K), Erstunterzeichner des Antrags, verwies u.a. auf zahlreiche Beispiele von Tourismusgebieten, in denen eine solche Befreiung gewährt wird und bat um die Ergänzung “nach Einführung des europäischen Behindertenausweises in den Mitgliedstaaten der EU” im beschließenden Teil des Antrags. Er bedanke sich bei der Mehrheit für die Mitunterzeichnung.
Der Antrag sei mehr als gerecht, so Paul Köllensperger (Team K) u.a. Durch die Ergänzung hätten die Hoteliers eine Sicherheit dafür, dass das Häkchen “Befreiung von der Ortstaxe” gerechtfertigt sei. Er bedanke sich für die Annahme des Antrages.
Anna Scarafoni (Fratelli d’Italia) unterstrich u.a., dass ihr das Thema sehr am Herzen liege. Ein entwickeltes Land solle für alle zugänglich sein. Südtirol sei Vorreiter in vielen Bereichen, doch in vielen anderen Bereichen gebe es noch großen Nachholbedarf. In Gröden seien die architektonischen Barrieren Großteils beseitigt worden, in Bozen sei das nicht der Fall – wo es noch sehr viel zu tun gebe.
In seiner Replik sagte LR Luis Walcher u.a., dass es ihm wichtig sei, dass ein Beschlussantrag dieser Tragweite von der kompletten Aula mitgetragen werde. Bei seiner vorherigen politischen Berufung sei er u.a. für die öffentlichen Arbeiten zuständig gewesen und über acht Jahre seien jährlich beträchtliche Mittel in den Abbau architektonischer Barrieren investiert worden. Die Aussagen der Abg. Scarafoni träfen ihn deshalb persönlich.
Alex Ploner (Team K) betonte u.a., dass die Sensibilität für das Thema im Landtag zugenommen habe. Es sei wichtig, ein gewisses Niveau und eine gewisse Sensibilität ins Thema hineinzubekommen – viele in der öffentlichen Verwaltung hätten dazugelernt und vieles würde gut gemacht. Die Zustimmung zum Antrag sei ein wichtiges Signal aus dem Landtag.
Der wurde in folgendem Wortlaut abgestimmt “Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, den Artikel 7 des geltenden Dekretes des Landeshauptmannes Nr. 4/2023“ nach Einführung des europäischen Behindertenausweises in den Mitgliedstaaten der EU dahingehend zu adaptieren, dass Zivilinvaliden, Menschen mit Behinderung und zu definierende Personengruppen mit Krankheiten und ihre Begleitpersonen von der Zahlung der Ortstaxe gänzlich oder teilweise befreit werden.”
und mit 31 Ja-Stimmen angenommen.
„Die LEBENSWELT-Abgabe“, heißt es in den Prämissen zum Antrag, „würde eine grundlegende Neudefinition des 3 Säulen Modells der Finanzierung im Tourismus bedeuten. Die Ortstaxe wäre eine Abgabe für die Verwendung des Lebensraums der Bürger, für die Bürger selbst. Zusätzlich sollte die zu aktivierende Tourismusabgabe (nur für tourismusnahe Unternehmen wie Skigebiete und Lifte) ebenso der Allgemeinheit zukommen. Die Ansässigen würden von diesen Abgaben somit profitieren, entweder durch kostenlose öffentliche Dienstleistungen, die durch die Abgabe gegenfinanziert und somit günstig oder gar gratis würden, wie z.B. der ÖPNV — oder noch besser, nach dem Vorbild des österreichischen Klimabonus: Die durch die Abgabe eingenommenen Gelder werden direkt an die Menschen im Lande ausbezahlt. So wäre es möglich, den Graben zu schließen, und die Touristen, die bewusst unseren Lebensraum verwenden und dafür uns eine Abgabe zahlen, zu Partnern, zu Gästen zu machen. Die Abgabe selbst muss selbstverständlich proportional zum Nächtigungspreis und deshalb in Prozenten des Zimmerpreises ausgedrückt sein, differenziert nach Gegend und Saison, gegebenenfalls auch jährlich moduliert je nach Konjunktur. Kurzurlauber müssen mehr zahlen, nach der 4. Übernachtung könnte die Abgabe geringer sein oder auch völlig entfallen. Minderjährige könnten frei, und Studenten reduziert bei uns urlauben. Wer ohne Auto anreist, könnte auch durchaus weiterhin eine Gratiskarte für die Öffis während seines Aufenthaltes bekommen. Bei 36 Mio. Nächtigungen könnten aus Lebensraumabgabe und Tourismusabgabe ohne weiteres 300 Mio. jährlich eingenommen werden. Das wären nicht weniger als 600 Euro pro Kopf und Jahr für jeden in Südtirol ansässigen Bürger, oder 50 Euro pro Monat. Für viele Familien ein willkommenes Zubrot, auch als Entschädigung für die hohen Preise im Tourismusland Südtirol.“
Paul Köllensperger (Team K), Erstunterzeichner des Antrags, betonte u.a., dass er nicht gegen den Tourismus im Land sei, wie ihm einige vorwerfen würden. Der Antrag ziele auch nicht gegen den Overtourism, wie manche Medien vermeldet hätten – Overtourism sei in Südtirol ein zeitliches und örtliches Problem, betreffe also nicht das ganze Land. Der Antrag sehe ein Bürgergeld vor, das vom Tourismus finanziert werde. “Unser” Lebensraum, “unsere” Natur und Berge würden vom Tourismus für die Produktion genutzt und zahle dafür nicht angemessen. Schließlich zahle jeder Betrieb seine Produktionsmittel, etwa stahlverarbeitende Betriebe den Stahl. Rechtlich wäre die Einführung einer solchen Abgabe möglich. Die Menschen im Land spürten die Konsequenzen des Tourismus, zum Beispiel weil der Wohnraum teuer sei und weil Wohnraum für touristische Zwecke abgezwackt werde. Die Leute seien wegen bestimmter Entwicklungen aufgrund des Tourismus zu Recht erbost. Südtirol sei die tourismusintensivste Region der gesamten Alpen. Wenn man keine solche Abgabe einführe, dann sei das eine verpasste Chance.
Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan) sagte u.a., dass man täglich in die gleiche Kerbe schlage – immer und überall sei von Overtourism die Rede. Doch welche Gemeinden im Land seien tatsächlich von diesem betroffen? Seine Heimatgemeinde Kaltern nicht. Der Tourismus sei offenbar an allem schuld. Doch man solle auch die Handelstreibenden und Handwerker fragen, mit wem sie mehr als ein Drittel ihres Umsatzes machten, oder die Kellereien, die Mitarbeiter der Hotellerie und Gastronomie u.a.m. Wenn die Mehrheit im Land negativ über den Tourismus denke, dann sei das die Konsequenz von populistischen Initiativen.
Es sei viel bzw. zu viel geworden, das sagten die Grünen schon seit Langem, so Brigitte Foppa (Grüne) u.a. In bestimmten Zeiten veränderten die Städte im Land ihr Gesicht. Man warne als Grüne seit Jahren vor dem Zuviel – lang belächelt und in eine Ecke gedrängt, erst vor nicht allzu langer Zeit sei der Overtourism ins Bewusstsein gerückt. Als Grüne weiße man auf den großen Ressourcenverbrauch des Tourismus hin, dem es gelte entgegenzuwirken. Der Antrag in seinem beschließenden Teil gehe in eine populistische Richtung. Der Tourismus bringe Problemfaktoren mit sich, man könne aber nicht sagen, dass er der Allgemeinheit nicht zugutekomme.
Harald Stauder (SVP) sagte u.a., der Vergleich im Antrag mit dem österreichischen Klimabonus hinke. Der Zugang, dass man bei einer Kategorie massiv abschöpfe und dann mit der Gießkanne verteile, sei gesellschaftlich nicht nachhaltig. Es gebe andere Zugänge, die besser seien, etwa jener, der bei den niedrigen Renten gewählt worden sei. Man fahre mit dem Vorschlag über alles drüber, in einer sehr populistischen Weise. Man löse das Problem nicht, indem man den Tourismus unterminiere. Die Forderungen seien eine “absolute Katastrophe”.
Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) erinnerte u.a. an den Wasserzins, wo auch über den Kamm geschert werde – etwas, was dem Antrag vorgeworfen werde, das verwundere ihn. Aber auch er finde den Antrag der Kollegen vom Team K nicht ganz glücklich, er finde ihn verbesserungswürdig und werde sich enthalten. Er glaube, dass man über die Steuermechanismen bereits Zugriffsmöglichkeiten habe, doch man nutze diese nicht. So gebe es etwa zahlreiche Schwarzvermietungen – aber keine Kontrollen.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) unterstrich u.a., dass es zum einen die Akzeptanz des Tourismus gehe – man müsse sich Gedanken darüber machen, wie der Tourismus zukunftsfit gemacht werden könnte. Die Wertschätzung müsse gesteigert werden – ob das mit der Wertschöpfung gleichgestellt werden könne, daran zweifle er. Wenn man Abgaben vom Tourismus gehe, dann würde es Sinn machen, wenn bestimmte Projekte dahinter stünden. Dass nur mit dem Gießkannenprinzip aufs Monetäre runterzubrechen, würde die Akzeptanz des Tourismus wohl nicht fördern. Man werde sich beim Antrag enthalten.
In seiner Replik führte LR Luis Walcher u.a. aus, dass er sich den Beschlussantrag sehr zu Herzen genommen habe – der beschließende Teil sei nicht lang, habe es aber in sich und zeige das Tourismusverständnis des Abg. Köllensperger. Der 600-Euro-Beitrag für alle erinnere ihn an das Bürgergeld der 5 Stelle, bei denen der Abg. Köllensperger seine politische Karriere gestartet habe. Der Beschlussantrag drücke die dauernde und kontinuierliche Abneigung des Abg. gegen einen Sektor aus. Dabei habe der Tourismus für Wohlstand im Land gesorgt. Zufriedenheit schaffe man nicht mit Geld, das man Menschen überweise, sondern indem negative Elemente des Tourismus, die man kenne, angegangen würden, beispielsweise die Kurzzeitvermietungen, das Wildcampen oder den Verkehr von Kurzzeittouristen. Eine Lebensraumabgabe brauche man in diesem Land nicht. Probleme mit dem Tourismus gebe es auch andernorts, etwa in zahlreichen europäischen Städten.
Paul Köllensperger (Team K) sagte in seiner abschließenden Stellungnahme u.a., es sei immer dasselbe, es werde ihm vorgeworfen, dass er gegen den Tourismus sei – das sei er nicht, er habe jahrelang mit dem Tourismus gearbeitet. Im Antrag werde die vorgeschlagene Maßnahme volkswirtschaftlich begründet. Und dass ihm Populismus vorgeworfen werde, fände er erstaunlich. Eine Lebensraumabgabe gebe es auch andernorts, etwa in Tirol. Im beschließenden Teil frage er nach der Ausarbeitung eines Modells, bei einem solchen müsste man darauf achten, dass es kein Bürokratiemonster werde. Sein Vorschlag habe mehrere Rechtfertigungen, rechtliche und volkswirtschaftliche.
Der wurde mit 17 Nein, 5 Ja und 9 Enthaltungen abgelehnt.
(Fortsetzung folgt)
**tres**
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