
(AGENPARL) – ven 02 dicembre 2022 Südtiroler Landtag
[Plenarsitzung – Gesetzentwurf zur Wohnbauförderung, Artikeldebatte (1)](https://www.landtag-bz.org/de/aktuelles/pm-landtag-aktuell.asp?art=Suedt671761)
Landtag – Debatte zu Art. 1: Diskussion über Baurechte und Zuweisungen an Verwandte
Artikel 1 Änderungen betreffend Beiträge an die Gemeinden
Brigitte Foppa (Grüne) erklärte, der Artikel 1 enthalte jede Menge Regelungen – u.a. das, was im Volksmund “Lex-Vallazza” genannt werde. Damit werde kein Gesetz verletzt, es gehe um eine Ausreizung. Helmuth Renzler habe bei den Arbeiten im Gesetzgebungsausschuss vorgeschlagen, dass die Übertragung von Grundstücken an Familienmitglieder nicht mehr möglich sein sollte. Das schien eine gute Idee zu sein. Nun aber stehe ein Vorschlag von Franz Locher im Gesetzentwurf, der vorsehe, dass künftig drei Bedingungen zutreffen müssten, um die Förderung nicht zu erhalten: Verwandtschaft ersten Grades – Renzler hatte auch Verwandtschaft zweiten Grades vorgesehen -, dass mehr als 60 Prozent der Fläche bzw. der Baumasse für den geförderten Wohnbau oder Wohnungen mit Preisbindung vorgesehen sei sowie dass mit der 40-Prozent-Zustimmung der Bau einer 495-Kubikmeter-Wohnung für den Voreigentümer möglich gewesen wäre. Sie würde interessieren, für wie viele dies zutreffen würde. Die Grünen schlagen vor, dass der Renzler-Vorschlag, den man mittragen könne, wiederhergestellt werde. Sollte dies für die Mehrheit im Landtag zu viel sein, würde vorgeschlagen, dass die Beitragsgewährung entfallen solle. Es könne also zugewiesen werden, aber es gebe keinen Beitrag. Damit könnte das Ausreizen künftig unterbunden werden.
Franz Locher (SVP) erinnerte daran, dass sein Änderungsantrag auf den Vorschlag des Rates der Gemeinden zurückgehe, der im Gesetzgebungsausschuss besprochen worden sei. Er sehe es so, dass in vielen Gemeinden Fraktionsgründe Gemeindeverwaltungsgründe seien; es habe sich die Frage gestellt, wie dann die Zuweisung erfolgen solle. Es gehe auch darum, dass mehr als die Hälfte des Marktpreises ausbezahlt werden würde. Wenn ein Hofübernehmer der Gemeinde einen Grund zur Verfügung stelle, wisse die Gemeinde noch nicht, wer sich dafür bewerbe. Sobald die Zuweisung gemacht werde, sei die Gemeinde Eigentümerin. Nicht alle Geschwister hätten ein geschwisterliches Verhältnis.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bemerkte, dass es hier um ein Baurecht im landwirtschaftlichen Grün gehe – der Beitrag sei eine andere Diskussion, die später käme. Das Baurecht im landwirtschaftlichen Grün mittels geförderten Wohnbaus gebe die Möglichkeit, eine Villa im landwirtschaftlichen Grün zu errichten; dies sei in Südtirol nicht für alle möglich. In vielen Urteilen des Verwaltungsgerichts wurde jedoch festgestellt, dass für diese Schenkung ein öffentliches und nicht ein privates Interesse erforderlich sei, und dass die Gewährung des Rechts, auf landwirtschaftlichen Flächen zu bauen, an einen Verwandten des Eigentümers eine Belohnung für ein privates Interesse darstellt. Es gibt viele Fälle, davon 26 aus dem Gadertal, in denen es um die Vergabe an Töchter, Söhne usw. geht. Dazu komme noch, dass 50 Prozent von der Gemeinde oder der Provinz bezahlt werden, “also von uns”. Dies geschehe zusätzlich zu einer Reihe von anderen Baurechten. Die von Locher festgelegten Bedingungen seien sicherlich von einem Juristen verfasst worden, der studiert hatte, wie man die Vorschriften umgehen kann. Mit dem Vorschlag von Locher könnte man von nun an so verfahren wie bisher, nur müsste der Eigentümer auf die Größe der Fläche achten, um die Bedingungen einzuhalten: Da in Südtirol die Enteignung stattfinde, wenn der Eigentümer bei der Gemeinde vorspreche und sein Land zur Verfügung stelle, hänge die Größe von ihm ab. Dello Sbarba forderte daher, den Vorschlag der Landesregierung beizubehalten. Er fügte hinzu, dass er zu viele Verordnungen gesehen habe, die von Anwälten außerhalb des Landesressorts geschrieben worden seien: Stattdessen sollte die Verwaltung die Hoheit über die Verordnungen haben, was im allgemeinen Interesse sei. Schließlich erinnerte er daran, dass die Autonomie auf dem öffentlichen Interesse gründet.
Franz Ploner (Team K) teilte die Darstellung Dello Sbarbas. Im Gesetzgebungsausschuss habe der Vorschlag des Rates der Gemeinden noch nicht vorgelegen, aber er sei viel kürzer als das, was Locher vorschlage. Man sollte bei der ursprünglichen Formulierung des Artikels bleiben, wie es auch Foppa vorschlage.
Paula Bacher (SVP) wies darauf hin, dass man lange nach einer praktikablen Lösung gesucht habe. Man könne den Leuten nicht verbieten, mit jemandem verwandt zu sein oder Verwandten etwas zu schenken. Es sei natürlich, dass die Menschen weiter in ihrer gewohnten Umgebung wohnen wollten, kleine, entlegene Fraktionen würden sonst entvölkert oder neu besiedelt – es habe keinen Sinn, wenn die Spilucker nach Vahrn umziehen müssten und die Vahrner nach Spiluck.
Ploner hätte sich jederzeit beim Rat der Gemeinden informieren können, antwortete Franz Locher auf Ploners Vorwurf. Es sei auch nicht wahr, dass der Grundeigentümer über die Zuweisung entscheide, die Entscheidung falle in einer Vielzahl von Gremien. In Südtirol gebe es viele Mikrozonen, und man wolle, dass die Einwohner dort bleiben könnten.
Franz Ploner erwiderte darauf, dass die Abgeordneten bis Freitag kein Gutachten des Rates der Gemeinden vorliegen hatten. Auch auf Nachfrage habe man es ihm vorher nicht ausgehändigt.
Gerhard Lanz (SVP) betonte, dass das Gesetz den Gemeinden erlaube, in freien oder Mischzonen geförderte Wohnungen zu bauen, und ein weiterer Punkt betraf Ranglisten. Es sei schwierig zu verhindern, dass eine Person nur deshalb Subventionen erhält, weil sie ein “Verwandter von” sei: Wenn es sich um eine kleine Wohnung handle, sei es fast selbstverständlich, dass der Empfänger ein Verwandter sei. Man habe entscheiden müssen, wo man die Grenze ziehen wollte. Die Enteignung erfolgte nämlich immer nach einer gemeinsamen Vereinbarung.
Andreas Leiter Reber (Die Freiheitlichen) verwies auf die “Lex Vallazza” und meinte, dass im Land Heuchelei herrsche, angefangen bei der Landesregierung: Der geförderte Wohnbau, der der Gewährleistung von bezahlbarem Wohnraum dienen solle, werde hier missbraucht. Die Bauernvertreter in der SVP hätten immer gesagt, man müsse die Grundeigentümer, die Umwelt und die landwirtschaftlichen Flächen schützen, aber in Wirklichkeit hätten sie in den letzten Jahren die Zersiedelung vorangetrieben. Das Gesetz über die geschlossenen Höfe war ein großer Erfolg gewesen, mit sozialen Elementen, aber jetzt gehe man zu weit, und das führe dazu, dass niemand mehr die Bauern respektiere. Um Verwandten einen Vorteil zu sichern, gehe man den Umweg über die Gemeinde, und das Land, die Steuerzahler, zahlten die Hälfte. In den Dörfern sei eine Mischung notwendig von Wohnbau, Handwerk, Geschäften … Der ländliche Raum bleibe lebendig, wenn man seinen Hof bewirtschaften könne, nicht wenn Spekulationen mit Kubaturen gemacht werde. Wenn die Mehrheit hier nicht die Kurve kratze, sei der Rückhalt für die Bauernschaft im Land in Gefahr und auch ein bestimmter gesellschaftlicher Zusammenhalt gehe verloren.
LR Waltraud Deeg möchte diese Kritik nicht so stehen lassen. Mit der gesetzlichen Bestimmung solle Rechtssicherheit erreicht werden, sowohl für die Menschen, die in der Verwaltung arbeiteten, als auch für Grundeigentümer und jene, die im geförderten Wohnbau bauten. Sie sei überzeugt davon, dass dies mit dem vorgelegten Gesetzentwurf gelinge. Die vom Abgeordneten Riccardo Dello Sbarba zitierten Verwaltungsgerichts- und Staatsratsurteile stammten aus dem Jahr 2015; seitdem hätten die Zuständigen der Verwaltung keine Beiträge mehr ausbezahlt.
Die Artikeldebatte wird um 14.30 Uhr fortgesetzt.
(Autor: AM/tres)
[zum Gesamtarchiv der Pressemitteilungen](https://www.landtag-bz.org/de/aktuelles/pm-landtag-aktuell.asp)
Realisierung: [Südtiroler Informatik AG](https://www.siag.it)
[CIVIS.bz.it](https://civis.bz.it/)