
(AGENPARL) – mer 30 novembre 2022 Südtiroler Landtag
[Plenarsitzung – Windenergie und Catcalling](https://www.landtag-bz.org/de/aktuelles/pm-landtag-aktuell.asp?art=Suedt671671)
Landtag -Anträge von Freiheitlichen und Grünen
Ulli Mair (Freiheitliche) führte aus, dass die Nutzung von Windenergie wünschenswert sei, weil es sich dabei um umweltfreundliche Stromerzeugung handle. Große Windturbinen seien landschaftlich invasiv, doch die Technik habe sich weiterentwickelt, sodass sich vertikale Windturbinen und Mikrowindkraftanlagen anböten. Die Nachfrage nach Energie werde künftig steigen, deshalb gelte es auch in Südtirol Windkraft zu nutzen. Es gelte zudem, den Strompreis im Rahmen des Möglichen niedrig zu halten, wenn Südtirol auch an das internationale Strompreissystem gebunden sei.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) erklärte, die Süd-Tiroler Freiheit sei klar gegen die Errichtung großer Windparks im Land. Dies auch wegen des Landschaftsschutzes. Doch die im Antrag vorgeschlagenen Mikrowindanlagen seien eine andere Sache, die es zu unterstützen gelte. Interessant sei der Vorschlag mit den Häusern, auch die Nutzung der Seilbahnanlagen erscheine ihm möglich. Deshalb werde die Süd-Tiroler Freiheit dem Beschlussantrag zustimmen.
Gert Lanz (SVP) verwies darauf, dass sich der Landtag in der Vergangenheit bereits auf die Prüfung der verschiedenen Möglichkeiten der Energieerzeugung geeinigt habe. Es sei ihm nicht ganz klar, wie der NOI Techpark miteinbezogen werden könne. Er wolle zu bedenken geben, dass die Realitäten und Situation in Südtirol vielfältig und spezifisch seien, weshalb es wohl schwierig sei, ein generelles Forschungsfeld zu eröffnen. Er erkundigte sich zudem, ob es derzeit bereits möglich sei, auf Häusern Kleinkraftanlagen zu errichten. Die größten Probleme der regenerativen Energie sei bis dato noch nicht gelöst: Speicherung und Ableitung.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) betonte, es sei dies ein zu unterstützender Antrag. Die Möglichkeiten zur Erzeugung erneuerbarer Energien seien überschaubar und würden mit begrenzten Ressourcen betrieben. In Südtirol waren für Windenergie nur die Standorte am Brenner und auf der Malser Haide möglich. Die vertikalen Windturbinen seien weit sinnvoller, weil kostengünstiger und an verschiedensten Standorten einsetzbar.
Der Wind und die Sonne als Energiequellen zu nutzen, würde die großen, internationalen Energieunternehmen kaum interessieren, erklärte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). Deshalb bewerte er den Vorschlag positiv. Auch er sei für Windparks, gerade die Lösung von Kleinstanlagen begrüße er, wobei er Förderungen in diesem Bereich als sinnvoll erachte. Ein Problem könnte indes der Lärm sein, den die Anlagen erzeugen – die gelte es noch zu erforschen.
Not mache erfinderisch, meinte Josef Unterholzner (Enzian), und verwies auf die hohen Stromkosten. Bei der Nutzung von Windkraft müsse man Kosten-Nutzen abwägen. Er finde jedoch, dass es gelte, auf die erneuerbare Energiequelle Wasserkraft zu bauen. Die Errichtung von Windkraftanlagen habe stets mit Rücksicht auf die Landschaft zu erfolgen. Geschehe dies, könne er dem Antrag durchaus zustimmen.
Paul Köllensperger (Team K) berichtete, dass in Tirol dieselbe Nutzungsmöglichkeit diskutiert würde. Die Hälfte des Strombedarfs eines Einfamilienhauses könnte dadurch gedeckt werden, dies sei beachtlich. Ebenso wie zukunftssicher und eine Stromproduktion, die abgekoppelt vom Markt sei, deshalb seien solche Modelle höchst interessant und es gelte auch politisch die Voraussetzungen zu deren Umsetzung zu schaffen.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) bewertete das Thema des Antrags als Möglichkeit. Es brauche jedoch eine enge Abstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren.
Franz Locher (SVP) erklärte, dass Südtirol das Glück habe, viel an erneuerbaren Energien zu haben, doch stehen bleiben dürfe man deshalb nicht. Schon der ehemalige Landesrat Laimer habe öfter von Windkraft gesprochen. Es sollte eine Debatte darüber geführt werden, ob die Windkraft von der öffentlichen Hand oder von Privaten genutzt werde bzw. die entsprechenden Anlagen installiert würden. Derzeit sei die Erzeugung von Energie teuer und basiere vor allem auf fossile Brennstoffe. Energie sei ein Thema der Zukunft – wenn auch beschlossen worden sei, dass die SVP dem Antrag nicht zustimmen werde.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) stellte klar, dass die Energie aus Mikrowindanlagen nur von jenen genutzt werden solle, die diese Energie auch direkt gebrauchten, zum Beispiel Schutzhütten. Es gehe um die Sicherung der Versorgung von Familien und Unternehmen. Kritik übte er am Standpunkt der SVP, die Landesregierung solle die Voraussetzungen für die Installation der Mikrowindanlagen schaffen – wobei es zuvor noch gelte, die Kriterien für die Installation von Fotovoltaikanlagen festzulegen.
Hanspeter Staffler (Grüne) betonte, es gehe hier um eine Technologie, die in Zukunft wichtiger werden würde. Südtirol sei aber kein Windland, der Wind wehe nicht konstant genug dafür. Deshalb habe es der Wind hierzulande als Energiequelle noch nicht geschafft. Wichtig sei es insbesondere, Energie zu sparen; und wenn das ganze Sparpotenzial ausgenutzt sei, gehe es darum die erneuerbaren Energien zu potenzieren, in erster Linie die Wasserkraft, dann die Sonne und zuletzt der Wind.
Helmut Tauber (SVP) befand, dass das Thema erst unlängst im Landtag behandelt worden sei. Es gebe einen Klimaplan, die Landesregierung habe die Themen auf den Tisch gebracht, nun müsse abgewartet werden, was Rom bringe, in diesem Zusammenspiel würde die Landesregierung dann nächste Schritte setzen. Die Nutzung der Windkraft von privaten Haushalten sei ganzheitlich zu sehen, es gelte querzudenken, nachzufragen, ob Maßnahmen zielführend seien. Alles in allem sei das Thema Energie ein sehr wichtiges.
Magdalena Amhof (SVP) sagte, dass die Landesregierung im September den ersten Teil des Klimaplans 2030 verabschiedet habe. Nun sei der zweite Teil in Ausarbeitung. In diesem sollten alle Formen der alternativen Energien aufgelistet werden und analysiert werden, welche Energieformen im Land konkret genutzt werden könnten. Wenn man Unterstützung bei der Nutzung erneuerbare Energiemodule erhalten wolle, gebe es die im NOI Techpark bereits. Auch die Nutzung bestehender Strukturen und Infrastrukturen sei unter bestimmten Voraussetzungen bereits möglich.
LR Giuliano Vettorato erklärte, es sei durchaus wünschenswert in alternative Energien zu investieren – dies geschehe vonseiten des Landes auch bereits. Was die Windenergie angehe, fehle in Südtirol der Wind für große Anlagen, die auch wegen des Landschaftsschutzes nicht erbaut werden. Kleinere Anlagen könnten aber laut Landesgesetz 9/2018 ohne größere Auflagen errichtet werden. Deshalb könne der Antrag auch nicht angenommen werden.
Als sie gestern darauf angesprochen wurde, ob sie sich erwarte, dass der Beschlussvorschlag angenommen werden, so Ulli Mair (Freiheitliche), habe sie bejaht, weil sie davon ausgegangen sei, dass auch die Mehrheit für diesen stimmen werde. Nun fühle sie sich im Rückblick naiv wie selten zuvor. In den Stellungnahmen der Vertreter der Mehrheit erkannte sie zum Teil Zustimmung, doch die Entscheidung der Fraktion sei eine andere und man beuge sich derselben. Sie sei enttäuscht. So zu tun, als sei heute für die Privaten schon alles geregelt, entspräche nicht den Tatsachen. Auch dass man kein Förderprogramm auflegen wolle, sei für sie unverständlich. Es sei immer noch wichtig, von wem etwas komme und es gehe nicht um den Inhalt.
Nachdem es im Plenum Zustimmung zum Beschlussantrag gegeben habe, so LR Giuliano Vettorato, würde er eine Überarbeitung des Antrags vorschlagen. Ulli Mair (Freiheitliche) lehnte ab.
Der Beschlussantrag wurde mit 16 Ja und 16 Nein abgelehnt.
Brigitte Foppa (Grüne) erklärte, es ginge in diesem Antrag um Vorkommnisse im öffentlichen Raum. Dieser gehöre allen. Wenn es aber Frauen gebe, die diesen nicht betreten möchten, weil sie sich dort wegen männlicher Handlungen ihnen gegenüber nicht wohlfühlen. Dies sei Ausdruck männlicher Macht, der von manchen Frauen auch als sexuelle verbale Gewalt empfunden würden; die Männer wollten damit ausdrücken, dass dies ihr Raum sei. Es solle diskutiert werden, welche Kultur des öffentlichen Raums und welche Kultur gegenüber Frauen man haben möchte. Sie wolle sich auch gegen die Bagatellisierung dieser Handlungen wenden – denn Catcalling sei ein typisches Phänomen, das sich bagatellisieren lasse.
Magdalena Amhof (SVP) sagte, es habe in der SVP-Fraktion angeregte Diskussionen über diese Form der sexuellen Gewalt gegeben. Der Vorschlag, auf den man sich geeinigt habe, sei: den beschließenden Teil des Beschlussantrags allgemeiner zu formulieren und dann als alle Fraktionsvorsitzenden gemeinsam zu unterzeichnen. Dies könne als Zeichen nach außen gewertet werden.
Sie würde erst die Debatte anhören und sich dann abstimmen, so Brigitte Foppa (Grüne).
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) unterstrich, dass es wichtig sei, dass auch im Landtag das Thema sexuelle Gewalt behandelt würde. Man lebe noch immer in einer patriarchalen Gesellschaft. Catcalling sei letztlich die Wurzel von Vergewaltigung. Catcalling werde von Männern ausgeübt, die sich berechtigt fühlten, lautstark über die Körper von Frauen zu urteilen, und viele Frauen hätten sich daran gewöhnt, ja seien sogar süchtig danach geworden. Das Hauptthema dieser Debatte sei die Zustimmung, und ohne die Zustimmung der Frauen müssten die Männer mit solchen Zurufen aufhören.
Ulli Mair (Freiheitliche) bemerkte, dass sie der Begriff “Verbagatellisieren” sie störe. Denn wenn man etwas nicht teile, dann sei es deshalb nicht zwangsläufig eine Bagatellisierung. Es gehe um Wahrnehmung. Nachpfeifen sei für sie keine Gewalt. Es komme auch oft darauf an, wer sich äußere, wie jemand etwas empfinde. Sie frage sich auch, ob es Erhebungen gebe, ob es diesbezüglich auch Unterschiede zwischen den Kulturen gebe. Sie habe oft über den öffentlichen Raum – konkret den Bahnhofspark – gesprochen, wo sie sich unwohl gefühlt habe, und wo es ebenfalls Catcalling gebe. Belästigt fühlen könne man sich – egal ob Frau oder andere Person – außerdem nicht nur durch verbale Äußerungen, sondern ebenso durch Blicke.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) unterstrich, dass es in dieser Debatte um ein Verhalten gehe, um Sensibilisierung, nicht um Justiz. Es gehe um eine Form der Besetzung des öffentlichen Raumes, um eine Art des Mobbings. Er sei überzeugt davon, dass die Männer, die Catcalling ausüben, sich dessen und der Auswirkungen ihrer Handlung nicht immer überzeugt seien. Es gehe darum, dass ein Jugendlicher, ein Mann, der so etwas mache, sich dessen bewusst sei. Die “Waffen”, die es einzusetzen gelte, seien das Bewusstsein und die gute Erziehung.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) befand, es gehe hier um ein heikles Thema. Es gehe einerseits um die betroffene Frau, es sei wichtig, die Individualität der einzelnen Frauen zu respektieren. So wie Frauen es individuell sehen, sehen es auch Männer individuell. Es sei deshalb wichtig, über dieses Thema zu sprechen – es gehe um Erziehung und Bewusstseinsbildung. Im Team K sei der Beschlussantrag breit diskutiert worden. Es habe sich Einigkeit darüber gezeigt, dass es einen gesellschaftlichen Wandel brauche, aber es sei nicht ganz klar, wie der beschließende Teil des Antrags zu verstehen sei. Einige der vorgeschlagenen Maßnahmen seien aber durchaus sinnvoll.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) verwies auf den Punkt vier – und dem es den Grünen letztlich gehe: Es handle sich dabei um Umerziehungsmaßnahmen, den Schülern solle beigebracht werden, dass es kein männliches und kein weibliches Geschlecht gebe. Wolle die Gesellschaft dies, dass die in Südtirols Schulen gemacht werde? Das Frauen Catcalling als Belästigung empfänden, sei eine Tatsache, ob ein Mann dieses ausübe oder nicht, sei auch eine Frage der Bildung. Gegen dieses Bild von Südtirols Männern verwehre er sich, es sei nämlich viel eher ein Migrantencalling-Problem, kein Catcalling. Knoll sprach sich zudem gegen eine Unterbrechung der Plenarsitzung aus, damit die Fraktionsvorsitzenden eine gemeinsame Formulierung des allgemeinen Teils des Beschlussantrages.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) stellte klar, dass es in Punkt 4 – “heteronormative Männlichkeitsbilder” – um Selbst- und Fremdbestimmung gehe und nicht wie von Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) angeführt um Geschlechterrollen.
Marco Galateo(Fratelli d’Italia) war der Meinung, dass dem männlichen Geschlecht heute schlimme Dinge vorgeworfen würden. Er habe großen Respekt vor dem weiblichen Geschlecht, finde es aber merkwürdig, dass die Wahl zwischen 58 verschiedenen Geschlechtern gefördert werde. Es gebe in Südtirol Orte, wo “normale Menschen” nicht hingehen könnten, weil sie beleidigt und angegriffen würden. Die feministische Welt selbst habe Ministerpräsidentin Meloni nicht vor bestimmten Angriffen geschützt.
Josef Unterholzner (Enzian) schickte voraus, dass er gegen jegliche Gewalt sei. Als er vor 42 Jahren seinen Militärdienst in Rom geleistet habe, hätten alle Militaristen vom offenen LKW aus, Frauen hinterhergepfiffen. Er habe sich gefragt, was da gemacht werde. Als er unlängst durch den Bahnhofspark gegangen sei, habe er ein junges Mädchen, sehr leicht bekleidet, aufgefallen, die offenbar etwas von den im Park sitzenden Männern wollte. Es wundere ihn nicht, dass immer wieder etwas passiere, wenn man so provoziere. Er könne dem Beschlussantrag nicht zustimmen – auch wenn er nicht für Gewalt gegen Frauen sei.
Magdalena Amhof (SVP) sagte, es sei kein Thema der Justiz, sondern der Gesellschaft. Gewalt passiere jeden Tag an unterschiedlichsten Orten, häufig gegen Frauen. Sie glaube, dass Sensibilisierung und Erziehung wichtig seien, um dies in Zukunft zu ändern.
Brigitte Foppa (Grüne) und Magdalena Amhof (SVP) schlugen vor, den beschließenden Teil des Beschlussantrags gemeinsam zu überarbeiten und baten um Vertagung.
(Autor: tres)
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